Additive Fertigung – auch für mein Unternehmen?

Additive Fertigung birgt ein großes Potenzial für die Industrie. Schnelle Umsetzungszeiten von Projekten, hohe Flexibilität in der Bauteilentwicklung und eine große Auswahl an unterschiedlichsten Materialien machen den 3D-Druck zu einer attraktiven Alternative. Und trotzdem kann man sich wenig darunter vorstellen, gerade wenn man noch keine Berührungspunkte in diesem Bereich der Produktion hatte. Klar, additive Fertigung an sich ist ein bekannter Begriff, aber wie genau funktioniert das? Und, lohnt sich so etwas nicht nur für große, produzierende Unternehmen?

Hier ein Praxisbeispiel aus erster Hand:

Die Corona-Pandemie traf uns bei der 3Dstrong GmbH im Frühjahr 2020 wie viele Unternehmen unerwartet und hart. Als ein 2018 gegründetes Start-Up hatten wir zwar schon einige gute Verbindungen, gerade in die Luftfahrtbranche, aber die Pandemie stellte uns vor neue Herausforderungen. Aufträge brachen weg, auch Kurzarbeit stand im schon Raum. Und dann kam eine Anfrage der Hamburger Schulbehörde. Es wurden Desinfektionsmittelspender gesucht. Möglichst viele, möglichst schnell, möglichst robust. Für uns als Unternehmen aus der 3D-Druck Branche, das bis zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich als Zulieferer für die Flugzeugindustrie gearbeitet hat, eine ungewöhnliche Anfrage. Aber dank additiver Fertigung nicht unlösbar.

Innerhalb von nur 3 Tagen nach der Anfrage stand der erste Prototyp auf dem Tisch. Mit dem 3D-Drucker über Nacht gedruckt konnten unsere Ingenieure ihr Design aus allen Winkeln begutachten und überarbeiten. Die bereits bestehenden Kontakte lieferten die Aluminiumbauteile für die Spender, unsere Büroräume wurden kurzerhand in eine Produktionshalle umfunktioniert. So waren bereits eine Woche nach Auftragseingang die ersten 3.000 Desinfektionsmittelspender gefertigt und bereit für die Auslieferung. Insgesamt wurden 15.000 Spender gefertigt, alle nach den Prototypen aus dem 3D Drucker.

Durch das Erschließen eines neuen Geschäftsfeldes ergeben sich immer auch neue Möglichkeiten. So haben wir unser Portfolio aus Desinfektionsmittelspendern verbessert und um weitere Modelle erweitert.

Kleinere Teile wie die Tropfschale oder ein Hubregulierer kommen in Serienproduktion direkt aus unseren Druckern.

Nur die Spendergehäuse kommen nicht fertig aus dem Drucker. Wir bauen sie manuell zusammen. Um robuste und widerstandsfähige Spender herzustellen, kaufen wir hier die Metallteile zu. Zwar könnten Einzelteile auf einem Metalldrucker gefertigt werden, hier ist der Kosten-Nutzen Aufwand aber noch zu hoch. So viel zu unseren jüngsten Erfahrungen über die Chancen, die der 3D-Druck bietet.

Aber wie lässt sich das nun verallgemeinern?

Grundsätzlich verläuft der Prozess hinter jedem neuen Produkt immer gleich. Jemand hat eine Produktidee, informiert sich über die Machbarkeit und erstellt einen Entwurf. Ein Prototyp wird gefertigt, begutachtet und Veränderungen am Design werden vorgenommen. Von der neuen Version wird dann wieder ein Prototyp gefertigt, begutachtet und verbessert.

 

Und genau hier kommt die additive Fertigung ins Spiel. Hat ein Ingenieur die erste Idee und setzt diese in einem CAD-Programm um, kann sofort mit der Prototypenfertigung begonnen werden.  Bei der Erstellung eines ersten Mockups bietet der 3D-Druck klare Vorteile im Vergleich zu anderen Materialien:

  • Der Prototyp kann exakt so gedruckt werden, wie er geplant ist. Größenabweichungen von wenigen Mikrometern fallen nur bei wenigen Drucken ins Gewicht.
  • Je nach Produktgröße und Druckmaterial dauert es nur ein paar Minuten, Stunden oder wenige Tage, bis das fertige Teil in der Hand gehalten werden kann.
  • Kleine und große Änderungen können direkt vorgenommen werden, die ganze Realisationszeit verkürzt sich.

Auch die Materialauswahl, die stetig weiterentwickelt wird, eröffnet im 3D-Druck immer neue Möglichkeiten in der additiven Fertigung:

  • Es können nicht mehr nur einfache „Plastikteile“, also einfache PLA-Teile, gedruckt werden. Auch kohle- oder glasfaserverstärkte Teile, Teile aus besonders hitzebeständigem Material oder aus Metall sind heute keine Seltenheit mehr.

Das öffnet den Markt für ganz neue Geschäftsfelder, in denen herkömmliche PLA-Teile aufgrund ihrer Beschaffenheit als Material nicht in Frage kommen.

  • Es kann eine ähnlich hohe Stabilität wie bei Aluminium erreicht werden, dabei mit deutlich reduziertem Gewicht. Gerade in Branchen, in denen es auf das Gewicht ankommt, bieten sich hier eine Menge neuer Möglichkeiten. Flugzeugbau. Schiffsbau – Fertigungen, die um jedes einsparbare Gramm ringen, profitieren von additiver Fertigung.
  • Sogar medizinische Produkte kommen immer öfter aus dem Drucker.

Aufgrund der hohen Anpassbarkeit der Modelle werden Zahnkronen, Hörgeräte und chirurgische Instrumente inzwischen gedruckt. Diese Art der additiven Fertigung nennt sich Bioprinting und ist ein eigenes Geschäftsfeld in der Welt des 3D-Druck.

  • Auch im Bereich der Spritzgussfertigung gibt es momentan große Fortschritte in der Herstellung von Formteilen. Gefertigt aus hitzebeständigem Resin ist die Fertigung von Formen als fertige Bauteile möglich. Dabei benötigt eine Spritzgussform aus dem Resin-Drucker nur wenige Stunden für die Herstellung und ist nach einer kurzen Nachbehandlung direkt einsatzbereit.

Natürlich gibt es auch Bereiche, in denen additive Fertigung (noch) nicht den gleichen Standard bieten kann. Eine Fertigung von Teilen aus Metall oder Aluminium wird zwar durch die neue Generation an Druckern möglich, allerdings ist das Finish momentan nicht mit dem der ausgestanzten oder gefrästen Teile vergleichbar. Metall aus dem 3D-Drucker erfordert ein hohes Maß an Nachbearbeitung, die gerade bei (Klein-)Serienproduktion die Produktionskosten in die Höhe treibt.

Auch Teile, bei denen eine sehr hohe Transparenz nötig ist, können bisher nur auf wenigen 3D-Druckern mit speziellen Materialien produziert werden. Allerdings entwickelt sich auch hier der Markt ständig weiter. Zu sagen bleibt, dass eine Kosten-Nutzen-Analyse in jedem Fall lohnt. Durch additive Fertigung lassen sich die Produktionskosten oft enorm reduzieren.

Sie sind sich immer noch nicht sicher, ob oder wie Sie 3D-Druck in Ihre Produktion integrieren können? Kontaktieren Sie uns oder buchen Sie eine unserer 3D-Druck Schulungen, wir helfen Ihnen gern weiter!